Schon ein Weile her, als ich das aktuelle Buch von Lars Vollmer in die Finger bekommen habe: „Zurück zur Arbeit“. Höchste Eisenbahn für eine kleine Rezension des Werks, dass ich in nur wenigen Tagen verschlungen habe. Das will etwas heißen, bei einem Fachbuch. Worum geht es? Der Titel mag etwas überraschen und ist durchaus provokant gemeint. Suggeriert er doch, dass wir nicht genug arbeiten. Das meint Vollmer nicht. Zumindest nicht, was die Arbeitszeit betrifft. Vielmehr greift er etwas auf, dass sehr viele Mitmenschen spüren, beobachten und zur Verzweiflung treibt: „Managementtheater“. Was meint Vollmer damit? Nun, nichts weiter als, dass die Organisation sich in deutlich höherem Maße mit sich selbst beschäftigt, als mit wertschöpfender Arbeit. Erinnert mich an die Warnung, die Max Weber mit der Beschreibung des Bürokratiemodells bereits vor über 100 Jahren der modernen Organisationstheorie ins Geburtsbuch geschrieben hat.
Lars Vollmer beschreibt detailliert, was sich allzu häufig beobachten lässt: „Verschwendung“ durch eine Organisation, die sich mit sich selbst beschäftigt. Und ich bin mir sicher, viele Leser werden die dort beschriebenen Situationen wiedererkennen. Durch eigenes Erleben im Alltag. Statt sich mit „wertschöpfender“ Arbeit in Sinne des Kunden und des Unternehmenszwecks zu beschäftigen, müssen sie sich mit Berichten, Besprechungen und anderen Aufgaben auseinandersetzen, die eines nicht wirklich tun: Einen Beitrag für die Wertschöpfung leisten. Nun ist es ja nicht so, dass dies niemand auffällt. Nein, selbst die Chefetage merkt, dass da etwas nicht stimmen kann. Und so macht auch sie sich daran, das Problem zu beheben. Doch leider funktioniert es nicht. Warum? Folgt man Lars Vollmers Argumentation – und diese klingt schlüssig – operiert das Management lediglich am Symptom und nicht an der eigentlichen Ursache. So werden vermeintlich neue „Methoden“ eingeführt, die das Problem beseitigen sollen und doch nur an der Oberfläche kratzen. Prozesse werden analysiert, Workshops durchgeführt und Überlegungen angestellt, wie das Unternehmen sich als Arbeitgeber attraktiver aufstellen kann. Nur das Problem liegt nach Ansicht des Autors darin, dass der Zusammenhang zwischen dem „Warum“ der Organisation und der Organisation selbst nicht vorhanden ist. Und damit kommen wir – nach Lars Vollmer – zu Lösung: der Rückbesinnung auf die Frage „Warum gibt es die Organisation/das Unternehmen? Warum sind wir hier?“. Um diese Frage zu beantworten, gibt es keine Einheitsmethode oder ein Standardformular. Diese Frage muss individuell erarbeitet werden. Im Einzelfall. Und aus der Antwort, ergibt sich dann die Art und Weise, wie sich die Organisation aufstellt.
Mein Resümee: Lars Vollmer trifft den Nagel auf den Kopf. Und beschreibt das alltägliche Erleben von nicht gerade wenigen Mitarbeitern in Großunternehmen. Er greift dabei auf eigene Beobachtungen und Erfahrungen aus der langjährigen Beratungspraxis zurück. Hier schreibt kein weltfremder Hochschullehrer, der fern der Praxis, die letzten Jahre im Hörsaal tätig war, sondern jemand, der den Alltag selbst erlebt. Das schlägt sich auch auf seinen Schreibstil nieder, der – ohne trivial zu werden – eingängig und leicht verständlich ist. Empfindlichen Gemütern, die von ihrer Arbeit im Schlaf verfolgt werden, sollten trotzdem von der Lektüre des Buchs zu abendlichen Zeit Abstand nehmen. Nicht, dass die Albträume sich verstärken. Ein Wermutstropfen – zweidrittel des Buches beschäftigen sich mit der Zustandsbeschreibung. Und erst im letzten Drittel bemüht er sich, darum eine Lösung aufzuzeigen. Aber gerade in diesem – aus meiner Sicht wichtigen Teil – scheint dem Autor die „Luft ausgegangen zu sein“. Sicher, es gibt keine Blaupause als Lösung, genauso wenig wie Best Practice in dem Falle wirklich weiterhelfen können. Aber er hätte meiner Meinung nach, stärker und tiefer auf die Thematik der „Warum“-Frage eingehen können. Schade. Abschließend jedoch möchte ich festhalten, dass ich das Buch dennoch für empfehlenswert halte.
Das Buch ist bei den verdächtigen Händlern (Papier, ePub, Mobi) erwerbbar. Für die Lesefaulen gibt es sogar eine Hörbuchvariante. Mehr Infos gibt es auch auf der Homepage von Lars Vollmer: http://larsvollmer.com/zurueck-an-die-arbeit/
Die Daten zum Buch:
Titel: Zurück an die Arbeit!
Autor: Lars Vollmer
Linde Verlag, Wien, 2016
Hardcover gebunden, 192 Seiten
Preis: EUR 24,90 (D/A)
ISBN: 978-3-7093-0612-3
Das ist doch mal eine handfeste Rezension. Danke! Das Buch kommt auf meine (stetig wachsende) Leseliste.
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