#RÜCKSCHAU | Hertensteiner Gespräche am 17.09.2022 in Heilbronn – über die Zukunft #Europas

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Am letzten Samstag (17.09.2022) hatte ich die Ehre, Teilnehmer an den 6. Hertensteiner Gesprächen in Heilbronn zu sein. Die Nachgedanken von Heinrich Kümmerle könnt Ihr übrigens hier nachlesen, sodass Ihr – neben dem meinen Eindrücken – auch weitere Impulse findet.

Als Erstes ein dickes Lob an die Organisatoren in Heilbronn, die in ihrem Bemühen nicht nachlassen und immer wieder versuchen, mit neuen Impulsen, die Diskussion um ein vereintes Europa an die Basis zu bringen. Das ist nicht selbstverständlich. Noch dazu, dass dieses Engagement rein ehrenamtlich getragen ist. Außerdem auch ein Lob für die Gesamtorganisation, die auch dieses Mal vorbildlich war. Das Ambiente des Heilbronner Theaterschiffs ist schon etwas besonderes.

Zu den einzelnen Gesprächskreisen will ich mich nicht im Detail äußern – erstens würde es den Rahmen eines Blogposts sprengen und zweitens weiß ich, dass es eine ausführliche Dokumentation geben wird. Die hohe Kunst des “Ernte Einfahrens” wird bei der Europa Union Heilbronn großgeschrieben und ernst genommen. Daher beschränke ich mich eher auf meine allgemeinen Eindrücke zur Veranstaltung.

Die diesjährigen Hertensteiner Gespräche standen voll und ganz im Zeichen des Ukraine-Krieges. Was kaum jemanden verwundern dürfte. Dennoch waren die Diskussionen thematisch ausgewogen. Bei den ganzen Diskussionen, die mit unter sehr lebhaft bis hitzig (im positiven Sinne) waren, sind mir ein paar Dinge aufgefallen, die noch als Nachwehen wirken.

Wenn es um Europa geht, diskutieren wir viel über Defizite und wie wir sie lösen könnten. Weil aber die Reflexion des gemeinsamen “Weshalb” fehlt, verzetteln wir uns in kleinteiligen Debatten über Symptome und deren Bekämpfung, statt die eigentliche Wurzel der Herausforderungen in Angriff zu nehmen. Es fehlt der gemeinsame Kompass, der immer wieder ins Gedächtnis gerufen wird und der bestenfalls nur wenigen Eingeweihten wirklich bekannt ist. Eben weil er nicht in der Breite immer und immer wieder Teil und Gegenstand der Diskussion ist. So scheitert jedes “Veränderungsprojekt”, ob groß oder klein. Und sollte es niemanden verwunden, dass die “nationalen Interessen” das europäische Projekt permanent untergraben. Ohne ein gemeinsames, klares und immer wieder geschärftes Bewusstsein zum Weshalb lässt sich kein gemeinsamer Kurs bestimmen und festhalten. Mir persönlich hat genau dies bei fast allen Diskussionen gefehlt. Was wollen wir für wen und weshalb erreichen, hätte ich mir bei den Diskussionen gewünscht und wie kommen wir im einem reflektierten, ergebnisorientierten und iterativen Prozess vorwärts. Den wer genau hinschaut, wird feststellen, dass Paris, London und Stuttgart mit fast den gleichen Problemen und Herausforderungen im Alltag zu kämpfen haben wie Rio, New York oder Mumbai. Und daran lässt sich auch Europa und was sich gemeinsam in Europa erreichen lässt, erlebbar und greifbar machen. Sprich wir brauchen mehr Dialog, mehr Diskussion, mehr Debatten in der Breite über das Weshalb (als Nordstern) und über konkrete, erlebbare Umsetzung im Alltag, die Sichtbarkeit erzeugen.

Ein Vorschlag zur Weiterentwicklung der Hertensteiner Gespräche, ist das Format. Ich bin ein bekennender Freund deliberativer Formate. Sicherlich nicht einfach zu bewerkstelligen, aber möglich. Davon wünsche ich mir für die Zukunft mehr. Es war mir persönlich etwas zu viel “Frontalbespaßung” und zu wenig Dialog. Jeder Gesprächskreis war durch die Impulsvorträge geprägt, denen sich dann Frage- und Diskussionsrunden angeschlossen haben. Ergebnisse im Sinne von gemeinsam entwickelten Lösungsideen und Vorschlägen sind dabei leider nicht entstanden. Ein bis zwei Impulsvorträge hätten mir gereicht, um dann in die vertiefende Ideenentwicklung zu gehen, um die Teilnehmer zu Teilgebenden zu machen. Aber möglicherweise bin ich hier schon gedanklich viel zu weit.

Mein Fazit: Es war für mich gut investierte Zeit, weil ich einige Ideen, Impulse und Gedanken gewonnen habe und dank der hochkarätigen Besetzung der Moderatoren durch auch fachlich einiges an Input gewonnen haben, dass mir das Verständnis erleichtert. Was ich vermisst habe, war thematisch der Fokus auf das Weshalb und vom Format, die Entwicklung von Ideen mit den Teilgebern. Dennoch kann ich guten Gewissens sagen, dass die Hertensteiner Gespräche sich – wieder einmal gelohnt haben. Etwas mehr Aufmerksamkeit haben sie sich auf jeden Fall verdient.

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