Ich platze gerade vor Wut und dass wo ich eigentlich einen gemütlichen Sonntag verbringen wollte. Warum? Bei der sonntäglichen Lektüre bin ich über einen Artikel in der Zeit Online gestoßen, der mich aufhorchen lässt. Bundestagspräsident Lammert fordert doch tatsächlich eine Änderung des Grundgesetzes, weil ihm die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts nicht passen. So langsam ist das Maß für mich voll. Was bilden sich den diese hohen Herren in Berlin ein?
Erst die Äußerungen eines CSU-Hinterbänklers, der ein Berufsverbot für „Depressive“ fordert. Dabei auch noch (zwar eingeschränkt, aber dennoch) Rückendeckung von SPD-Mannen bekommt. Geht es noch? Würden die lieben Herren mal einen Blick ins Grundgesetz werfen? Die Artikel 1 bis 20 sind nicht so umfangreich, dass man sie zumindest sinngemäß auswendig beherrschen kann. Für diejenigen mit schwachem Gedächtnis: das Grundgesetz passt – nicht erst seit der Erfindung des Smartphones – in jede Jackentasche! Aber lesen müsste man können – da bin ich mir manchmal nicht ganz sicher, ob unsere sehr geehrten Damen und Herren im Parlament über diese Fähigkeit verfügen.
Dann die Vorratsdatenspeicherung – innerhalb des Bundeskabinetts hat man sich nun drauf verständigt – sie doch wieder durchdrücken zu wollen. Nach wie vor halte ich sie für verfassungswidrig und hoffe, dass es dem parteiinternen Widerstand in der SPD gelingt, sie doch noch zu verhindern.
Und jetzt das! Wo sind wir den eigentlich? In einer Bananenrepublik? Bedauerlicherweise sind die Kompetenzen des BVerfG in Artikel 93 des Grundgesetz geregelt, der meines Wissens leider nicht durch die sogenannte Ewigkeitsklausel besonders geschützt ist. D. h. eine große Koalition könnte nach Belieben im Grundgesetz herumpfuschen. Worum es hier geht ist natürlich klar, gewissen Kreisen passen die Entscheidungen des höchsten deutschen Gerichts nicht. Das sie mit dem Grundgesetz so ihre Probleme haben und sich wenig darum scheren was dort verankert ist, dass haben beweisen sie oft genug.
Ich war und bin ein Gegner der großen Koalition, zum einen weil ich als (noch) Sozialdemokrat um den Verrat ureigener Positionen fürchte und weil ich als überzeugter Demokrat und Anhänger des Grundgesetzes eine Konzentration von geballter Macht, wie wir sie im Bundestag mit der großen Koalition haben, nicht gut heißen kann. Eine solche hebelt die parlamentarische Gewaltenteilung zwischen Opposition und Regierung, die elementar für einen funktionierenden Parteienwettbewerb aus. Noch dazu, ist die Gefahr für missbräuchliche Ausgestaltungen der Macht viel zu hoch. Die aktuellen Entwicklungen haben mich leider nicht widerlegt, sondern bestätigen wovor ich von Anfang an gewarnt habe.