#GEDANKENBLITZ | Sozialmediale „Überoptimierung“ befördert persönlichen „Datenoverkill“

Photo by Pixabay on Pexels.com

Grundsätzlich sind Newsletter eine gute Idee, aber mein Postfach läuft trotzdem regelmäßig über, obwohl ich automatische Regeln habe, die die Nachrichten entsprechend einsortieren. Ich melde mich gerade – mal wieder – großzügig von diversen Newslettern ab, weil es erneut überhandnimmt (das kann man prima im „Männerschnupfen-Delirium“ vom Sofa aus erledigen). Nur, Pardon, der kurze Codeschnipsel einer fantasievoll formulierten Betreffzeile, die zum Lesen verleiten soll, ist für mich meist nicht hilfreich, um schnell einzuschätzen, was für mich aktuell lohnenswert ist. Dazu kommt, dass sich dazwischen immer auch mal eine wichtige E-Mail versteckt. Ich weiß, dass viel Arbeit darin steckt, die ich keinesfalls ungewürdigt lassen möchte. Aber die Menge macht’s. Zumindest bei mir. Daher ist und bleibt der RSS-Feed für mich die beste Lösung. Aber nein, immer weniger Webseiten bieten diese einfache Hilfe (kaum Aufwand, vollautomatisiert, wenig Datenmenge) noch an. Das ist ja eigentlich kein Aufwand. Weil ich gerade in Fahrt war, habe ich mir auch gleich meinen RSS-Reader angesehen (das mache ich ein- bis zweimal im Jahr). Rund 40 RSS-Feeds waren nicht mehr erreichbar. Bei der Hälfte handelt es sich um tote Blogs und Webseiten, bei der anderen Hälfte ist – Überraschung – nur noch ein Newsletter-Abo möglich. Also kein RSS-Feed. Darunter waren auch die offizielle Webseite der OECD und sogar Seiten der EU.

Noch viel krasser ist es übrigens mit den vielen toll kuratierten LinkedIn-Posts. Diese münden allerdings immer mehr in einen sozialmedialen Marktschreierwettbewerb. Wir werfen uns gegenseitig nur noch etwas zu, ohne zuzuhören. Das muss wohl so sein, um den Algorithmen der großen Techkonzerne wenigstens noch ein bisschen Leserschaft zu entlocken.

In unseren verzweifelten Versuchen, die Algorithmen zu „überlisten”, um wenigstens noch etwas Aufmerksamkeit für unsere Themen zu finden, fokussieren wir uns fast schon neurotisch auf kosmetische Optimierung statt auf inhaltliche Qualität und den gesunden Austausch von Gedanken und Ideen. Wir optimieren die Verpackung, vernachlässigen den Inhalt und wundern uns dann über die inhaltliche Verflachung. Dabei verkennen wir, dass das „Werkzeug” uns zu seinem Instrument macht und wir dessen Willen vollziehen. Wir übersehen, dass sich das Werkzeug zum Zweck erhoben hat. Wir und unsere Inhalte sind zu Werkzeugen geworden, nicht die Plattformen, auf denen wir sie zu verbreiten versuchen. So steigern wir uns in unserem gegenseitigen Wettrüsten mit noch mehr und noch schöneren Postings, Stories und Co. und wundern uns am Ende des Tages, weshalb wir eigentlich zunehmend niemanden mehr erreichen. Dabei ist der Grund ganz einfach: Wir erzeugen ein gigantisches Rauschen in den sozialen Medien, sodass es schwer wird, überhaupt durchzudringen.

Nein, grundsätzlich finde ich Newsletter nicht schlecht. Aber die Menge macht’s. Wenn alle es machen, dann … Klar, auch ich poste ab und an noch auf LinkedIn und sogar auf Mastodon. Aber ganz ehrlich, mir ist die Reichweite mittlerweile egal. Ich bin da inzwischen entspannt, habe das Wettrüsten gegen den Algorithmus (und künftig die „KI”) eingestellt und stecke meine Energie lieber in Ideen, Gedanken und (virtuelle und analoge) Gespräche. Wer möchte, kann meinen Blog abonnieren. Das geht als RSS-Feed oder als E-Mail. Ja, es gibt auch einen Post auf LinkedIn, Bluesky und Mastodon. Ganz unspektakulär und ohne Gedöns. Nicht optimiert für den Algorithmus, gegen den ich eh keine Chance habe. Diejenigen, die es interessiert, kriegen es über den Kanal mit, der für sie passt. Fertig. Ich habe keine Lust mehr auf das Wettrüsten auf Kosten von Inhalten, Austausch und Ideen. Meine Zeit ist mir dafür zu schade.

Was für eine schöne neue Welt, in der die neurotische lokale Optimierung, die nicht nur für die Aufmerksamkeitsökonomie der sozialen Medien gilt, die „Selbstoptimierung“ zum Selbstzweck erhöht und den eigentlichen Grund zum Mittel degradiert! Die „Überoptimierung“ in den sozialen Medien befördert einen persönlichen „Datenoverkill“ (von Informationen kann schon nicht mehr die Rede sein, da wir die Daten gar nicht mehr aufnehmen und verarbeiten können).

Ein Kommentar zu „#GEDANKENBLITZ | Sozialmediale „Überoptimierung“ befördert persönlichen „Datenoverkill“

  1. „Aber ganz ehrlich, mir ist die Reichweite mittlerweile egal. Ich bin da inzwischen entspannt, habe das Wettrüsten gegen den Algorithmus (und künftig die „KI”) eingestellt …“same here und zwar schon lange, Liebe Grüße Eberhard

    Gefällt 1 Person

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..