RÜCKBLICK: Fabrik im Seminarraum oder Lean Management in Aktion

Am letzten Freitag (14. August 2015) hatte ich die Ehre und die Freude an einer Simulation „Fabrik im Seminarraum“, die von der Learning Factory veranstaltet wird, teilzunehmen. Die Veranstaltung wurde von Ralf Volkmer und Bernd Albrecht moderiert und angeleitet. Ziel der Simulation ist die Bewusstseinsschärfung für Lean-Management.

Der Ablauf

Die Simulation Fabrik im Seminarraum – kurz FiS – basiert auf einem tatsächlich existierenden, mittelständischen Unternehmen. Dieses dient als historisches Vorbild der Simulation. Ausgangspunkt ist ein Produktionsprozess, der mithilfe eines Wertflussdiagramms zu Beginn der Simulation allen Teilnehmer zusammen mit den verschiedenen Prozessstationen (angefangen vom Lieferanten, über das Lager und die Fertigungsstationen bis hin zum Kunden) vorgestellt wird. Die Teilnehmer übernehmen jeweils eine Prozessstation innerhalb der Prozesskette als Ausführende und spielen den vorgegebenen Prozess durch – der sich, wie sollte es auch anders sein – in der aufgestellten Form als stark verbesserungswürdig erweist. Die Ergebnisse der Simulation werden in praxisnahen KPIs illustriert (die Kennzahlen sind stark vereinfacht). Die Teilnehmer bekommen gleichzeitig einen ersten Einblick in Analysewerkzeuge des Lean-Managements.

Im nächsten Schritt werden die Teilnehmer der Simulation aufgefordert den Prozess – im Hinblick auf die Erfüllung der Kundenanforderungen – zu verbessern. Die Moderatoren übernehmen dabei eine unterstützende, beratende Funktion (ohne jedoch direkt in den Dialog einzugreifen). Die Teilnehmer selbst strukturieren den Prozess um, mit dem Ziel die „Kundenzufriedenheit“ zu erhöhen. In der Simulation war dies die Erfüllung des Kundenauftrags nach Zeitvorgabe bei einer 100%igen Qualitätserfüllung. Im Anschluss hierzu wird der nun veränderte Produktionsprozess durchgespielt, um anschließend wieder erneut mit den KPIs das Ergebnis zu illustrieren und mit Hilfe von Analysewerkzeuge z. B. der Fishbone und 5-Why-Technik zu prüfen, inwieweit der Prozesse weiter verbessert werden kann. Interessanterweise ist es tatsächlich gelungen, sehr deutliche Verbesserung des Prozesses durchzuführen und mit den mehr als erheblich verbesserten KPIs ein gewisses Aha-Erlebnis auszulösen.

Üblicherweise endet die Simulation an diesem Punkt nicht. Da es sich aber um eine eintägige Veranstaltung handelte, konnte eine dritte Simulationsrunde aus Zeitgründen nicht durchgeführt werden. Wie die Moderatoren erklärten, wird die Simulation am Folgetag üblicherweise ein drittes ggf. auch ein viertes Mal mit verschärften Rahmenbedingungen durchgeführt. Auch hier immer das Ziel, für die Besonderheiten von Lean Management, zum Beispiel der kontinuierlichen Verbesserung von Prozessen und Abläufen, aus einer ganzheitlichen Betrachtungsweise heraus zu sensibilisieren.

Das Ergebnis aus meiner Sicht

Die Simulation war aus meiner Sicht sehr erkenntnisreich. Sie ließ Folgendes sehr eindeutig erkennen: Prozessoptimierung im Sinne von Lean Management ist ein kontinuierlicher Prozess und eine Daueraufgabe. Es lässt sich immer wieder etwas verbessern. Sie kann nur dann wirklich funktionieren wenn bei einer ganzheitlichen Betrachtung, die einen Dialog alle Beteiligten innerhalb der Prozesskette einbezieht, stattfindet. Ein offener, ehrlicher und mitunter schmerzvoller Dialog ist unvermeidbar. Schuldzuweisungen sind in diesem Dialog Fehl am Platze. Bereits kleine Veränderungen können erhebliche Veränderungen auf die Gesamtprozesskette haben und zu positiven Veränderungen führen. Diese positiven Veränderungen führen auch zu einer besseren Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten und letztendlich zu einer Verbesserung der Arbeitsmotivation.

Dies kann allerdings nur gelingen, wenn eine offene Kultur des Dialogs und des beständigen Lernens innerhalb der Organisation existiert. Der Fisch stinkt vom Kopf her – die Führungsebenen muss dies aktiv vorleben und auch wertschätzen. Darüber hinaus setzt das beständige Lernen auch die Bereitschaft voraus über Versuch und Irrtum, sich an besseren Lösungen heranzutasten. Ungeachtet davon: Prozesse sind „lebendig“. Rahmenbedingungen verändern sich, Anforderungen verschieben sich. D. h. Prozesse sind nicht in Stein gemeißelte Anleitungen, die über Generationen hinweg Bestand haben.

Mein Fazit

Ich persönlich fand das Format sehr kurzweilig und spannend. Statt Blasmusik von vorne wird hier auf ein konkretes, plastisches und greifbares Erleben gesetzt. Statt theoretischer Annahmen greift das Format auf die Wirkung des Selbsterfahrens zurück, dass ein nachhaltigeres und prägenderes Wahrnehmen zulässt. Obwohl als Beispiel ein industriell-gewerblicher Produktionsprozess als Grundlage dient, lässt sich das Ergebnis problemlos auch in den Dienstleistungssektor übertragen. Mir hat diese Simulation gefallen und sie hat das „Problembewusstsein“ mit Sicherheit geschärft. Ich finde es schon fast schade, dass wir – aufgrund der zeitlichen Begrenzung – nicht tiefer eindringen konnten. Wer seine Kolleginnen und Kollegen, Mitstreiter und Mitarbeiter für das Thema Lean Management gewinnen will, sollte auf dieses Format zurückgreifen, denn das aktive Erleben ist besser als jeder Vortrag.

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